von Roman Nies

Lachse haben ein bewegtes Leben. In diesen Fischen steckt eine spannende Vita. Sie kommen in einem Fluss oder Bach Hunderte von Kilometern vom Meer entfernt auf die Welt. Sie wachsen heran und machen sich dann auf die lange Reise ans Meer. Im Meer angekommen, schwimmen sie zu ihrem neuen Lebensraum, der oft Tausende Kilometer von der Flussmündung entfernt liegt. Sie wachsen und gedeihen dann weiter einige Jahre, bis ihnen irgendetwas sagt, dass es Zeit wird, sich fortzupflanzen. Aber anstatt sich gleich vor Ort einen der zahlreichen Geschlechtspartner zu suchen, treten sie die lange Reise zurück an, um nach gefahrvollen Wochen genau an den Ort zu gelangen, wo ihr Leben begann – wenn sie nicht vorher gefressen worden sind. Am Ziel angekommen, pflanzen sie sich fort. Der Kreislauf ist geschlossen, das Tier stirbt bald danach. Das alles erscheint sehr rätselhaft. Warum tut sich ein Lachs das an? Die wenigsten erreichen das Ziel, weil die meisten auf der langen Reise auf der Strecke geblieben sind. Für viele Tierarten entlang der Reiseroute, dazu gehören Seeadler und vor allem Bären, stellen die wandernden Fische die Hauptnahrung dar, ohne die sie gar nicht überleben könnten. Die Seeflora und -fauna in Alaska braucht das grosse Lachssterben nach ihrer Fortpflanzung, denn ca. 80 Prozent ihrer Stickstoffversorgung geht darauf zurück!

Lange forschten die Biologen danach, wie es dem Lachs möglich ist, so zielgenau den Weg zu finden. Wie viele andere Tierarten verfügen auch Lachse über ein komplexes Instrumentarium der Wegfindung. Sie haben eine Art GPS, das sich am Magnetfeld der Erde ausrichtet. Ähnliches kennt man von Vögeln, Meeresschildkröten und Bakterien. Evolutionsbiologen müssen glauben, dass sich das Magnetfeld-GPS mehrmals unabhängig voneinander durch Zufall und Auslese entwickelt hat. Aber sie vermögen nicht zu sagen, wie das geschehen sein soll und wie die von ihnen angenommenen unfertigen Zwischenformen so lange den Stab der Überlieferung an die nächste Generation weitergereicht haben können, wenn die Wegführung noch nicht fertig entwickelt war. Warum sollte ein Lachs, der nur einen Teil der Kompass-Vorrichtung hatte, sich auf die Reise zum Ozean machen, wenn er dann doch nicht wieder zurückfinden könnte? Ganz abgesehen davon, dass er auch nach Auffassung der Evolutionsbiologen zusätzlich noch die Fähigkeit entwickelt haben musste, seinen Körper vom Süsswassermodus auf den Salzwassermodus und wieder zurück umzustellen. Das sind ganz verschiedene Softwareprogramme, die jeweils eine andere Hardware erfordern, in der sie zur Anwendung kommen können. Entwicklungsbiologen haben keine Antwort auf die Frage, noch überhaupt, warum das geschehen sollte.

Dem Team um Nathan Putman von der Oregon State University ist vor wenigen Jahren bei der Untersuchung der Fischereidaten der Pacific Salmon Commission von 1953 bis 2008 aufgefallen, dass die Rotlachse des Fraser Rivers in British Columbia unterschiedliche Rückkehrrouten aus dem Meer nehmen, bevor sie die Mündung des Fraser-Flusses erreichen, je nachdem wie das Erdmagnetfeld gerade verläuft. Es verändert sich nämlich stetig, wenn auch nur leicht. Je stärker sich das Magnetfeld an der Nordpassage zum Fraser River von dem an der Flussmündung unterschied, desto weniger Fische schlugen den nördlichen Weg ein, stellte man fest. Die Fische bevorzugten stattdessen die Südroute. Das lieferte die ersten empirischen Belege für die Ursache des Orientierungsvermögens der Lachse: die Fähigkeit, sich am Magnetfeld zu orientieren.

Man nimmt an, dass die Lachse das Magnetfeld verinnerlichen, wenn sie das Flusssystem als Jungtiere verlassen und ins offene Meer schwimmen. Sie speichern also ihre Positionsdaten und rufen sie zum geforderten Zeitpunkt wieder ab, interpretieren sie lageangepasst, wie die Führungsmannschaft eines Schiffes, die mithilfe ihrer Geräte navigiert. Der Lachs kommt offenbar mit allen notwendigen Geräten auf die Welt und verlässt die heimischen Gewässer wie ein Schiff, das zur Jungfernfahrt erst zugelassen wird, wenn es voll ausgerüstet ist.

Der Lebenszyklus der Lachse und ihr komplexes Instrumentarium zur Wegfindung erscheinen sehr rätselhaft. Orientierung am Magnetfeld der Erde und mit dem Geruchsinn.

 

Es handelt sich um eine Informationsverarbeitung auf einer Meta-Ebene. Der Fisch «weiss» nicht und auch seine Vorfahren «wussten» nie, dass man sich mit Hilfe des Magnetfelds orientieren kann. Oder welches Organ man dazu haben musste. Oder wie das Datenmaterial aus dem Organ in eine nützliche Handlungsempfehlung umgewandelt werden könnte. Und doch ist das alles bei den Lachsen verwirklicht. Informationsverarbeitungen geschehen immer auf einer Meta-Ebene, wo Grenzen blosser Physis überschritten werden. In Kurzform: Der Erfinder des Lachs-GPS hat an alles gedacht. Er hat nicht nur ein komplexes Breitbandprogramm geschaffen, sondern auch noch ein anpassungsfähiges technisches Instrumentarium mit auf den Weg gegeben, als ob die zahlreichen Seen und Flüsse in Kanada und Alaska und die Meere drum herum nicht auch ohne solche Wanderbewegungen von Fischen auskommen würden. Die Natur hat eine perfekt ausgeklügelte Ökonomie, aber dabei auch noch eine verschwenderische Fülle der Vielfältigkeit. Der Aufwand, den die Natur betreibt, ist zwar durch nichts zu rechtfertigen, es ginge ja alles viel einfacher. Ausser damit, dass dieser Aufwand vom Menschen wahrgenommen und gewürdigt werden kann. Gott offenbart sich dem Menschen dadurch als Schöpfer, dass er diese Sinn- und Planhaftigkeit vor seinen Augen – und durch seinen Verstand erkennbar – entfaltet. Ein solch immenser Aufwand wie bei den Lachsen ist in der Schöpfung weit verbreitet, ja, er ist sogar die Regel. Und das ist ein deutlicher Hinweis auf einen genialen Planer, der zugleich Erfinder und Programmierer, Baumeister und Organisator ist – und der dies für den Menschen erkennbar offenbart.

Michael Winklhofer von der Ludwig-Maximilians-Universität München hat das GPS der mit den Lachsen verwandten Regenbogenforellen als magnetithaltige Rezeptoren identifiziert. Sie sitzen in den olfaktorischen Lamellen der Nasengrube. Das Magnetfeld der Erde übt auf die Magnetitkristalle der Rezeptoren einen Drehmoment aus. Irgendwie müssen die Magnetitkristalle mit der Membran der Nervenzellen verbunden sein. Bei der geringsten Erschütterung wird ein Reiz gegeben, der elektrisch umgesetzt wird und zu einem Aktionspotential für das Gehirn wird.

So wird es dem Fisch möglich, über richtungsabhängige Reizmuster seine aktuelle Ausrichtung bezüglich des magnetischen Nordpols zu bestimmen und die Richtung, in die er schwimmen möchte, zu wählen. Aber warum entscheidet er, sich danach zu richten? Wo steckt die Veranlagung, dem überlieferten Erbe zu folgen? Wo kommt der Instinkt dazu her? Wäre er nicht von Anfang an da gewesen, nützte dem Fisch die gesamte aufwändige Konstruktion nichts! Der Aufwand, den der Lachs betreibt, ist gewaltig. Damit er im Meer leben kann, muss sich der Süsswasserfisch in einen Salzwasserfisch umwandeln. Durch Osmose (gr. Osmos für «Eindringen»), das Eindringenlassen oder Verdrängen von Flüssigkeit mit gelösten Stoffen, wird bei Lebewesen der Wasserhaushalt im Körper und das Vorhandensein von Salzen und Elektrolyten reguliert. Süsswasserfische bezeichnet man als sogenannte hyperosmotische Regulierer (Hyper, gr. für «über»). Das bedeutet, dass sie aktiv Elektrolyte aus dem Wasser über die Kiemen aufnehmen müssen, weil sie einen höheren osmotischen Druck im Körperinneren als ihre Umgebung haben. Salzwasserfische sind dagegen hypoosmotische Regulierer (Hypoo, gr. für «unter»). Sie müssen Elektrolyte über die Kiemen abgeben. Der Flüssigkeitshaushalt bei der Osmoregulation besteht, vereinfacht dargestellt, aus zwei Regelkreisen, deren Messfühler in beiden Fällen Rezeptoren im Hypothalamus sind. Je nach Wasser- oder Elektrolytmangel werden die entsprechenden Signale ausgesandt, sodass in der Neurohypophyse ein Hormon freigesetzt wird, das in der Niere wiederum einen Mechanismus in Gang setzt, der für die reduzierte Ausscheidung von Wasser sorgt und den Reiz setzt, den man als «Durst» kennt. Bei Hypoosmolarität (Wasserüberschuss) wird entgegengesetzt reguliert. Man hat also zwei völlig verschiedene, entgegengesetzte Leistungsanforderungen. Es ist einzusehen, dass das für die Lachse einen erheblichen Stress ergibt, zumal der Umbau in einen Salzwasserfisch ja bei der Rückreise wieder rückgängig gemacht werden muss. Das erfordert noch einmal einen anderen Ablaufplan, der aktiviert und umgesetzt werden muss, um zum ursprünglichen Bauplan zurückzukehren.

Ohne ihr hochkomplexes Navi-System könnten Lachse nicht überleben. Es kann sich schrittweise, evolutiv, entwickelt haben.

 

Hier hat man ein Beispiel dafür, dass die Gene und die epigenetischen Faktoren eines Lebewesens abrufbare Programme enthalten, die es dem Lebewesen ermöglichen, sich den veränderlichen Umweltverhältnissen anzupassen. Das hat nichts mit einer stammesgeschichtlichen Evolution zu tun, sondern mit inhärenter Variabilitätspotenz. In den Genen werden die Programme lediglich ein- und ausgeschaltet. Zu allem Überfluss wird das Magnetfeld-GPS der Lachse noch ergänzt durch spezielle Chemorezeptoren. Der Fisch navigiert zusätzlich über den Geruchssinn, weil sich nach Jahren die Flussläufe verändert haben. Hier würden exakte GPS-Daten alleine nicht ausreichen – denn zu wissen, wo ein Ort ist, ist nicht das Gleiche wie die Fähigkeit, ihn auch tatsächlich erreichen zu können! Der Lachs ist ein chemisches Wanderlabor! Erst das ergänzende Zusammenspiel von GPS und Chemorezeption bringt den Lachs an seine Ziele. Bei der Rückreise nimmt er also neben seinem GPS für die letzten Kilometer auch noch seine feine Nase zu Hilfe. Je näher die Lachse den heimatlichen Laichgründen kommen, desto mehr stimmt die chemische und olfaktorische Zusammensetzung des Wassers mit der Analyse der Daten überein, die bei der Abreise abgespeichert wurde.

Die letzte Reise, die die Lachse antreten, endet mit ihrer Fortpflanzung und dem Tod. Der Fisch kämpft sich mühsam gegen die Strömung flussaufwärts zu seinem Geburtsort. Er muss Stromschnellen springend überwinden. Viele schaffen das kräftemässig gar nicht. In dieser Phase nimmt er keine Nahrung mehr zu sich. Seine einzige Aufgabe ist, den Laichplatz zu erreichen, zu laichen und damit seine Lebensreise zu beenden. Bei Lachsen ist der «Heimgang» tatsächlich ein Heimgang. Zwar gibt es ein paar wenige Lachse, die gerne noch mal das Meer sehen würden. Sie versuchen, zurückzuschwimmen. Aber nur die wenigsten schaffen es, denn ihre Bio-Uhr ist abgelaufen, ihr Lebenszyklus beendet. Es ist ein in sich abgeschlossener Regelkreislauf, der keine Unterbrechung duldet, weil es sonst nicht zur Erhaltung der Art kommen kann. Es ist also undenkbar, dass es jemals Lachse gegeben hat, die kein Navi hatten.

Da der Zufall und die natürliche Auslese nicht wissen können, was für die Entwicklungsschritte in einem Organismus bewahrt werden muss, damit in künftigen Generationen darauf aufgebaut werden kann, können solch komplexe Programme und Strukturen auch nicht materialisiert werden. Für Gott, den Schöpfer, ist das kein Problem. Er hat das Know-how, die Weisheit und die schöpferischen Mittel. Die Bibel sagt, dass Gottes Werke wunderbar sind und dass man das «sehr wohl» erkennen kann (Psalm 139:14). Man muss es aber auch wollen!